Die systemische Haltung
- Laura Gabriel
- Feb 14
- 3 min read
Updated: Mar 27
Die systemische Haltung hat mich gleich in ihren Bann gezogen. Ich finde sie fasst ganz wunderbar zusammen, was man von einer beratenden Person erwarten würde. Lest gerne weiter, damit ihr euch ein besseres Bild machen könnt, was mit der systemischen Haltung gemeint ist und auf welchen Säulen sie steht. Ihr könnt aber auch eure Augen auf Wanderschaft schicken und schauen an welchen Begriffen ihr innehaltet.
Haltung des Nicht-Wissens
Als Berater*innen können wir nicht wissen, welche Bedeutungen Sie als Klient*in Erfahrungen und Phänomenen zuschreiben (Konstruktivismus). Begriffe wie zum Beispiel Liebe, Glück oder Zufriedenheit können sehr unterschiedlich verstanden werden. Bei der Haltung des Nicht- Wissens machen wir uns dies bewusst und erfragen gezielt bestimmte Worte und Sinn-zusammenhänge.Dies hat mindestens zwei Effekte: wir verschaffen und ein klareres Bild Ihrer Realität und regen bei Ihnen an sich selbst zu explorieren und damit in Kontakt mit hilfreichen Assoziationen und Ressourcen zu kommen.
Neugier
Aus der Haltung des Nicht-Wissens schauen wir Berater*innen neugierig auf deine Assoziationen, Bedeutungen und die Beschreibung deiner Erfahrungen und erkunden diese gemeinsam mit dir. Dies kann ein bereichernder Prozess für alle Beteiligten sein. Du wirst gesehen, ernst genommen und erlebst ein Interesse an deiner Person und deinem Anliegen. Es entsteht einzirkulärer Prozess. Die Neugier der Berater*in befeuert (hoffentlich) deine Exploration was wiederum die Neugier der Berater*in befeuert.
Neutralität
Wir Berater*innen verhalten uns neutral gegenüber deinen Wirklichkeitskonstruktionen, das heißt unter anderem gegenüber deinen Werten, Vorstellungen, Entscheidungen und Lebensentwürfen. Ebenso verhalten wir Berater*innen uns neutral gegenüber deiner Veränderungsmotivation: Veränderung und Nicht-Veränderung sind beide in Ordnung. Es besteht auch eine Neutralität gegenüber den verschiedenen Mitgliedern deine Systems.
Allparteilichkeit
Wir Berater*innen können mit jedem Mitglied eines Systems parteilich sein, d. h. deren
Perspektive achten und sich empathisch einfühlen. Wir beziehen aber keine Stellung und
positionieren uns nicht dauerhaft auf einer Seite. Am Ende einer Beratung wäre es gut, dass alle Systemmitglieder aus dem Gespräch gehen und sich von ihrer Berater*in gut verstanden fühlen, aber eigentlich nicht wissen wo sie zu bestimmten Themen und Vorstellungen steht.
Wertschätzung
Wertschätzung kann als positive Grundhaltung verstanden werden, die sich in der Regel mehr auf eine Person als Ganzes und deren Einmaligkeit bezieht und nicht nur auf einzelne
Verhaltensweisen, Leistungen oder Erfolge. Wertschätzung ist eng verbunden mit Respekt,
Achtung, Wohlwollen und Anerkennung. Zeichen von Wertschätzung sind Zugewandtheit,
Interesse, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit und ein Blick, der sich auf Stärken und Ressourcen
richtet.
Ressourcenorientierung
Durch die Ressourcenorientierung richten wir Berater*innen unseren Blick konsequent auf das, was Menschen an Fähigkeiten, Erfahrungen, Beziehungen, Geschafften und vielem mehr, mitbringen. Zur Problembewältigung sind diese Ressourcen unerlässlich. Als Klient*in bist du dir oft deiner Ressourcen nicht bewusst, weswegen es unsere Aufgabe als Berater*in ist, auf eine gemeinsame Suche nach Ressourcen zu gehen und dich dabei zu unterstützen diese Ressourcen für dein Anliegen zu nutzen.
Lösungsorientierung
Durch die Lösungsorientierung wird konsequent das gewünschte Ziel und alles fokussiert, was auf dem Weg dorthin hilfreich ist. Es werden Ausnahmen vom Problem, hypothetische Lösungen (wiez. B. die Wunderfrage) genau erkundet, um daraus Ideen und Handlungs- möglichkeiten zu gewinnen. Eine Lösungsorientierung ohne Ressourcenorientierung ist nicht denkbar, daher spielt diese eine besondere Rolle beim lösungsorientierten Arbeiten.
Positive Handlungsmotivation – Gute Gründe für ein Verhalten
Bei der positiven Handlungsmotivation gehen wir als Berater*innen davon aus, dass Menschen positive Absichten bzw. gute Gründe für ihr Verhalten haben. Trotz guter Gründe können aus dem Handeln negative Auswirkungen entstehen. Der Fokus auf die guten Gründe ermöglicht eine wertschätzende und kooperative Haltung. Ebenso ermöglicht es eine gemeinsame Suche nach Handlungen, die mehr positive Auswirkungen haben. So kann mit teilweise schwierigen Verhaltensweisen ein guter Umgang für den beraterischen Prozess gefunden werden.
Respekt vor der Autonomie
Im systemischen Denken besteht die Annahme, dass Menschen sich nicht einseitig zielgerichtet verändern bzw. beeinflussen lassen. Daraus entsteht der Respekt und die Achtung vor der Autonomie jedes Menschen, die diese aus einer Eigenlogik (oder Eigensinn) heraus handeln lassen. Dieser Autonomie gilt es mit Anerkennung und Respekt zu begegnen. Du als Klient*in bist Expert*in für dein Leben und wirst in deinen Entscheidungen auf dem Veränderungsweg respektiert.
Kundenorientierung
An erster Stelle stehst du als Klient*in mit deiner Autonomie und deinem Anliegen für den
Beratungsprozess. Du entscheidest darüber, ob du dich verändern möchtest oder nicht. Unsere (Lösungs-) Vorstellungen als Berater*innen treten in den Hintergrund und dienen im besten Fall zur Hypothesengenerierung.
Potentialhypothese *
Die Potentialhypothese geht davon aus, dass Menschen alle nötigen Ressourcen haben, um deren psycho-sozialen Probleme zu lösen. Unsere Aufgabe als Berater*innen besteht darin deine Ressourcen mit dir zu erkunden und nutzbar zu machen.
* Diesen Begriff hat Gunther Schmidt geprägt.

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